„Hauptsache zufrieden!?”

 

„Jetzt haben Sie so viele positive Dinge über Norwegen und die Lofoten erzählt. Aber es gibt doch sicher auch negative Dinge hier, oder?“

Diese Frage bekam ich (Tourguide) von einem ca. 10-Jährigen nach einer 1 ½ stündigen Bustour auf den Lofoten. Ich fand es zuerst süß, dass er sich getraut hat mich etwas zu fragen. Aber je länger ich darüber nachdachte, umso trauriger wurde ich. 

Warum?

Weil seine Frage ein Abbild unserer Gesellschaft zu sein scheint. 

Viele trauen sich gar nicht wirklich glücklich und zufrieden zu sein, sondern „suchen“ immer nach dem Negativen. Vielleicht gar nicht immer bewusst, aber es ist scheint schon so in uns drin zu sein. 

„Hauptsache zufrieden!?” - das ist das Motto der Blogparade von Korina Dielschneider. Spannendes Thema und ich bin sehr gespannt auf die anderen Blogartikel. 


Was waren also diese positiven Aspekte über Norwegen …

… die ich während der Bustour auf den Lofoten erzählt habe. 

  • Schulnoten erst ab 14 Jahren - weniger Leistungsdruck, mehr Zeit draußen und in Bewegung

  • mehr „Kontrolle“ im Gesundheitssystem - kein Medikamentenmissbrauch oder Ärzte-Hopping möglich

  • höhere Strafen (zu schnell fahren usw.) und Kosten für Alkohol und Süßes

  • Job ist nicht das Wichtigste im Leben

  • sobald die Sonne scheint, ist das T-Shirt aus - egal was das Thermometer sagt

  • alle sind per Du - kein Siezen in der Sprache - mehr auf Augenhöhe

  • Vermögen/ Einkommen sehr transparent - lassen es aber nicht heraushängen

  • niedrige Kriminalität

Aber zurück zur Zufriedenheit und was es braucht, um zufrieden zu sein.


Zufriedenheit vs. Glücklichsein

Als ich das Thema der Blogparade zum ersten Mal gesehen habe, hat sich das „immer zufrieden sein“ nicht so erstrebenswert angefühlt. Aber je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto mehr konnte mich damit „anfreunden“. Vorher fand ich Glücklichsein irgendwie erstrebenswerter. 

Weil Zufriedenheit vor allem für meinen Körper ein wunderbarer Zustand ist. Selbst wenn mir mein Kopf irgendwelche vermeintlichen Gefahren verkaufen oder aufzeigen will, weiß ich, wenn mein Körper sich sicher und zufrieden fühlt, dann bin ich auf dem richtigen Weg.

Der Kopf sucht immer nur Ausreden, um Dinge nicht zu machen oder warum man Dinge nicht tun darf. Aber unser Kopf und Verstand möchte auch immer nur das tun, was wir schon kennen. Wenn wir allerdings nie unsere Komfortzone verlassen, dass kommen wir nicht wirklich weiter im Leben. 

Viele können Zufriedenheit gar nicht erreichen oder würden es von sich gar nicht behaupten, weil die Erwartungshaltung und der Druck auf sich selber und der Druck von außen so hoch ist, dass man gar nicht mehr zufrieden sein kann. Weil es immer noch weitergehen nach oben gehen muss - höher, schneller, weiter - nie zufrieden mit dem IST-Zustand des Lebens oder einfach nur SEIN. 

Ich finde das eine sehr beängstigende Entwicklung, die unsere Gesellschaft da nimmt und ja ich würde mich freuen, wenn Menschen einfach wieder mal zufrieden sein würden in ihrem Leben. Und sie vor allem auch damit aufhören würden, ihr Glück von anderen abhängig zu machen.

Jeder Mensch ist dabei für das eigene Glück und die eigene Zufriedenheit verantwortlich. Niemandem im Außen kann dir das abnehmen und niemand im Außen kann dir das geben, was du dir selber geben kannst.

 

Immer zufrieden sein?

Ich weiß gar nicht, ob ich immer zufrieden sein muss, denke aber schon, dass es ein sehr schöner Zustand ist. Viele Menschen haben allerdings verlernt, mit Kleinigkeiten zufrieden zu sein.

Ich freue mich jeden Tag, wenn ich im Auto sitze, nach rechts und links schaue und die wunderschöne Landschaft der Lofoten zu bewundern. Seit März dieses Jahres lebe ich hier - muss also nicht mehr immer den Urlaub hierherfahren 🙂 

Als ich noch mit Erwachsenen gearbeitet habe, hatte ich immer mal wieder Menschen, die seit Jahrzehnten Schmerzen hatte. Einige haben dann erwartet, dass ich das ein paar Therapieeinheiten wegzaubere. Ich erinnere mich noch sehr gut an eine Begegnung: Der Herr hatte auch schon gefühlte 30 Jahren. Dann kam er zur dritten oder vierten Therapiestunde und meinte, dass er gestern seit Ewigkeiten mal keine Schmerzen hatte. Und ich dachte mir: wow, wie toll ist das denn. Aber sein zweiter Satz kam sofort: „Es wird eh wieder wehtun.“ Mein erster Gedanke war nur, wenn du nach 30 Jahren Schmerzen nicht mal mit einem schmerzfreien Tag zufrieden sein kannst - sondern lieber schon über den nächsten Schmerz nachdenkst, dann läuft einfach etwas falsch. 

Vielleicht tue ich dem Herrn unrecht, weil ich es selbst nicht nachvollziehen kann, wie man sich fühlt, wenn man ständig Schmerzen hat. Aber mich hat das damals schockiert. 


Wie beeinflusst die eigene Zufriedenheit das Wirken in der Welt?

Also ich denke, dass es sehr schwer ist, wirksam in der Welt und im eigenen Umfeld zu sein, wenn es mir selbst nicht gutgeht. Denn es erfordert einen enormen Energieaufwand für andere da zu sein und das Umfeld aufrechtzuerhalten. Ein gutes Miteinander ist also sehr von der inneren Ruhe und Zufriedenheit des Einzelnen abhängig ist. 

Nachdem ich meine innere Zufriedenheit beeinflussen kann, kann ich genauso auch mein Außen (positiv) beeinflussen. Aber heute sieht man oft das Gegenteil, nämlich Menschen, die permanent ihr Umfeld für ihr Leid und ihre Unzufriedenheit verantwortlich machen und einfach nicht ins Tun kommen. 

Viele machen das aufgrund von Traumatisierungen. Das ist ein ernstzunehmendes Thema, sollte aber keine Ausrede sein. Denn auch hier kannst du dir Unterstützung suchen, wenn du selbst nicht mehr zu deiner Zufriedenheit kommst. 


Was tust du, um die Zufriedenheit deiner Kund:innen oder Arbeitskolleg:innen zu fördern?

Ich sage immer, dass ich die bessere Selbstständige bin. Zurzeit bin ich aber auch angestellt und das funktioniert gut, weil wir uns alle auf Augenhöhe begegnen, per Du sind (wie es in Norwegen üblich ist) und meine Chefs genauso das Klo putzen und sich die Hände schmutzig machen, wie ich. Ich fühle mich nicht als Angestellte, sondern als Teammitglied und wir arbeiten alle als Team zusammen.

Auch bei meinen Kund:innen mag ich die Begegnung auf Augenhöhe. Ich gebe Empfehlungen, aber die Kund:innen dürfen es selbst umsetzen und annehmen, was sie möchten. Ich zwinge niemandem etwas auf. 

Ich gebe nicht die Themen oder Zielsetzungen vor, sondern nehme den IST-Zustand meiner Kund:innen und arbeite von da aus mit ihnen gemeinsam. Jede Session ist ein neuer Anfang. 


Was kannst du tun für mehr Zufriedenheit im Leben?

  • Orientiere Dich nicht am Leben anderer!

  • Vergleiche Dich nicht permanent mit anderen!

Viele Menschen sind viel zu sehr im Außen und vergleichen sich ständig mit anderen - wie willst du da zufrieden sein? Sie schauen immer nur darauf, was andere tun und sehen dann oft, was sie selbst noch nicht erreicht haben. Das ist eine negative Abwärtsspirale, aus der viele gar nicht mehr herauskommen. 

Viele Menschen sind ständig erreichbar. Dabei würde es extrem helfen, wenn sie einfach mal das Handy für zwei Wochen weglegen würden. Ich empfehle gern Vipassana - ein 10-tägiges Schweigeretreat. 10 Tage ohne Handy, ohne Buch, ohne Reden, ohne Ablenkungen von außen. In unserer heutigen Welt scheint das schon fast unmöglich. 

Vielen würde es auch helfen, wenn sie sich wieder mehr auf ihre Stärken konzentrieren würden und nicht immer nur das im Auge hätten, was nicht so gut funktioniert. Aber auch das scheint in unserer heutigen Gesellschaft einfach unmöglich. Denn es scheint immer nur darum zu gehen, die Defizite aufzuzeigen. Wir müssten also die Einstellung unserer Gesellschaft verändern, sodass wir alle wieder ein bisschen zufriedener und glücklicher sein können. 

Oft machen Menschen ihre eigene Zufriedenheit zu sehr von anderen Menschen im Außen abhängig oder kümmern sich immer mehr um andere, als um sich selbst.

Selbstfürsorge und ein bisschen mehr gesunder Egoismus würde uns und der Gesellschaft guttun. 

Was brauchst du, um glücklich und zufrieden zu sein?

Schreib es mir gern in den Kommentaren. 

 
 
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