Meine 3 “größten” Reisen allein
Allein über den Ozean im Alter von 16 Jahren, Vipassana - 10 Tage allein mit mir auf meinem Meditationskissen und 2019 allein in den Weiten Skandinaviens… Ich würde all das immer wieder tun, denn es hat mich persönlich unheimlich weitergebracht in meinem Leben. Ich war auch längere Zeit allein in Peru und Mexiko, aber diese Urlaube waren nicht so prägend wie die drei Reisen, von denen ich dir heute erzähle…
Für die Blogparade von Julia habe ich den Blogartikel aber ein bisschen aktualisiert und angepasst. Ich erzähle also auch von meiner Zeit (4 Monate) in Peru im Jahr 2006.
Meiner Meinung nach triffst du definitiv mehr Menschen, wenn du allein unterwegs bist und nicht alles bis ins letzte Detail vorausplanst. Du bist viel offener für neue Begegnungen und Erfahrungen. Buche die ersten Tage und lass dich dann treiben …
USA mit 16 - das Land der unbegrenzten Möglichkeiten
Allein
nur ich
in der Ferne
Aber es war wichtig
Abgrenzung
1994 - Meine erste große Reise allein führte mich gleich über den Ozean. Mein erster Flug und dann gleich in ein Abenteuer der besonderen Art - ein Jahr allein in den USA. Und ich sag's gleich, ich war sehr froh, als ich 1995 nach meinem Auslandsjahr wieder zurück nach Deutschland bzw. Europa kam.
Die USA habe ich damals, zumindest mit Wohnsitz in Iowa (3000 Einwohner Kleinstadt), als sehr naiv und „rückständig“ erlebt. Das liegt sicher auch an der Gegend und an der Größe des Landes allgemein. Ich sollte diese Erfahrung aber für mich machen, denn vor meinem Austauschjahr hätte ich mehrere Optionen angeben können, hatte aber zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich eine andere Idee. Es gab einfach keinen Plan B und zum Glück hat Plan A funktioniert. Denn ich möchte diese Erfahrung auf keinen Fall missen. Sie war wichtig, um die eigene Komfortzone zu erweitern. Nach meiner Rückkehr hatte ich eine lange Liste an Ländern für Plan A - die USA war nicht dabei 😉.
Aber zurück zum Anfang des Abenteuers: Bei meiner Ankunft in Minneapolis bekam meine Vorfreude auf das Jahr einen extremen Dämpfer. Meine geplante Gastfamilie hatte sich getrennt und konnte mich nicht mehr aufnehmen. Ich war das ganze Wochenende bei einer nicht so angenehmen Frau und ihrer Familie, habe kein Wort gesprochen und nur geheult. Es hieß, es dauert noch einige Tage, bis ich zu einer anderen Familie kommen sollte. Da habe ich noch ein bisschen lauter geheult. Die Dame meinte, dass es Verwandten von ihr sind und ich dachte nur, oh nein bitte nicht. Du kannst dir vielleicht vorstellen, wie es mir an diesem Wochenende ging. Es stelle sich zum Glück heraus, dass sie nur entfernt verwandt waren. Meine Gastfamilie war ein Volltreffer und ich konnte von meinem Zimmerbalkon sogar meine Schule sehen. Das war besonders lustig an den (zahlreichen) Schneefrei-Tagen, die wir im Laufe des Winters hatten. Bei der anderen (ursprünglichen) Familie hätte ich jeden Morgen ziemlich lang mit dem Schulbus fahren müssen.
Was ruckelig begann, entpuppte sich als ein ganz cooles Jahr in der Fremde, mit wunderbaren Bekanntschaften und vielen Erkenntnissen fürs Leben.
Fazit:
Ich finde, jedes Kind sollte, früher oder später mal längere Zeit allein auf Reisen gehen. Da gibt es ja viele Möglichkeiten: Auslandsjahr - so wie ich, Au-pair nach der Schule, freiwilliges soziales Jahr, Auslandssemester im Studium, ... Oft wollen die Kinder unbedingt diese Erfahrung machen und die Eltern lassen sie nicht gehen und stülpen den Kindern dabei vielleicht ihre eigenen Ängste über. Ich selbst hatte schon immer die Einstellung, dass ich mich von nichts und niemandem von einer Erfahrung abhalten lasse, denn ich möchte später nie bereuen, dass ich etwas nicht gemacht habe wegen einer anderen Person.
Vipassana mit 32 - die Reise zu mir selbst
Allein
nur du
und niemand sonst
Der Weg zur Heilung
Persönlichkeitsentwicklung
Silvester 2010 war mein erstes Vipassana-Retreat und damit (im Nachhinein gesehen) der Start meiner (bewussten) Persönlichkeitsentwicklung. Meine längste Freundin (wir kennen uns seit wir 14 Jahre alt sind) hatte mir schon einige Mal davon erzählt und es hat dann wieder eine Weile gebraucht, bis ich mich wirklich angemeldet habe.
Immer wenn ich davon erzähle, höre ich die Aussage: “Das könnte ich nie - 10 Stunden am Tag sitzen und dann noch schweigen.” Aber genau darin liegt die Kraft und die Möglichkeiten. Wachstum gibt es nur außerhalb der eigenen Komfortzone. Wenn du immer in dieser bleibst, wirst du dich nie weiterentwickeln und auch nicht zu deinen Potenzialen vordringen. Auch ich dachte, dass das nicht-reden das schlimmste für mich wäre. Alle, die mich persönlich kennen wissen, wie gern ich rede ;-) Aber glaub mir, das ist dein kleinstes Problem ;-) vor allem, weil alle Teilnehmer:innen dahin kommen, mit dem Wissen, dass geschwiegen wird.
Inzwischen war ich schon 8 oder 9 Mal bei einem Vipassana-Retreat. Ich mag vor allem auch die Abende, an denen ein bisschen erklärt wird, warum alles so läuft, wie es eben läuft. Zum Beispiel die Erklärung warum eben nicht gesprochen werden soll - außer mit der Lehrerin. Wenn ich immer am Esstisch den anderen erzählen würde, wo es gerade zwickt und was mir wann durch den Kopf gegangen ist, komm ich weg von mir selbst. Und wenn mir jemand von einem angenehmen Gefühl im Bauch erzählt, dann wünsche ich mir es am nächsten Tag auch herbei. Aber alle haben völlig andere Geschichten und völlig andere Themen. Niemand wird dieselben Gedanken oder Empfindungen haben. Erwartungen sind nicht so gut, denn meist werden sie enttäuscht - das kennen wir zu gut aus unserer Kindheit. Auch für mich war es gar nicht so leicht, immer wieder ohne allzu große Erwartungen in das Retreat zu starten.
Eine Sache, die mir am meisten im Kopf geblieben ist, habe ich während der 10 Tage Schweigen im Vipassana-Zentrum nahe Barcelona erlebt. Ich glaube, es war das vierte Mal Vipassana. Ich kam dort an und hatte schon seit einigen Tagen einen extremen Groll auf eine bestimmte Person. Die Gedanken daran beherrschten (gefühlt) meinen ganzen Tag. Ich war mit mir und diesen Gedanken allein und konnte sie (zum Glück) mit niemandem teilen. Die ersten Tage war ich so grantig - ich hätte einen Boxsack brauchen können, um meinen Emotionen Ausdruck zu verleihen. Hatte ich aber nicht, ich saß allein auf meinem Meditationskissen und konnte niemanden anschreien. Nach einigen Tagen veränderte sich mein Blick auf die Person und die ganze Angelegenheit. Ich schaute von verschiedenen Seiten auf die Situation und auf meine Gefühle.
Woher kamen die?
An wen erinnert mich diese Person?
Warum ärgert mich die ganze Sache so unendlich?
Soll ich dir sagen, was ich nach 10 Tagen über diese Sache gedacht habe? “Danke, dass ich diese Möglichkeit bekomme. Ich werde sie annehmen und ganz ruhig sein.” Aus einem Elefanten wurde also eine kleine Fliege (nicht mal eine Mücke, denn er hat mich nie wieder wirklich pieksen können ;-)). Ohne den Rückzug, das Sein mit mir und meinem Gedanken wäre wahrscheinlich aus der Mücke ein Elefant geworden. So habe ich beschlossen, dass ich meine Energien für andere Dinge in meinem Leben brauchen kann.
Fazit:
Wenn dir gewisse Dinge immer wieder begegnen, verschiedene Menschen von ein und derselben Sache erzählen, dann ist es vielleicht Zeit, das Ganze mal auszuprobieren 😉.
Norwegen mit 41 - manchmal braucht es die Ferne für die Klarheit
Norwegen
magische Berge
hoch im Norden
ihr zieht mich an
Zukunft
Sommer 2019 - da war ich nun, ganz allein unterwegs in den Norden. Ich hatte die ersten Monate des Sommers damit verbracht, ein Bett in meinen (fast) neuen Caddy zu bauen. Ich muss sagen, ich habe mich dabei vor allem selbst überrascht. Was Trennungen für Kräfte in einem freisetzen können, habe ich dort gesehen. Nie hätte ich gedacht, dass ich sowas allein kann. Weil ich es auch nie probiert habe - denn es war immer jemand da, der oder die es für mich gemacht hat oder besser konnte als ich.
Die Lofoten hatten mich schon 2015 bei meinem ersten Besuch extrem fasziniert und so fuhr ich auch dieses Mal wieder bis fast ganz in den Norden hinauf. Nachdem diese Insel nur eine Hauptstraße hat, konnte ich den Erinnerungen der Vergangenheit nicht ausweichen. Viele Tage und Wanderungen lang kamen mir immer wieder Gedanken zu dieser vergangenen Beziehung oder besser unserer zukünftigen (wieder freundschaftlichen) Beziehung in den Kopf.
Ich erinnere mich noch gut an die Wanderung zur Trollkirche. Den gesamten Weg hinauf hatte ich denselben Gedanken im Kopf und konnte es kaum erwarten, ihn später im Auto in meinem begonnenen Brief festzuhalten. Hier sei nochmal kurz angemerkt, dass ich zu der Zeit noch kein Smartphone hatte, um mir jederzeit schnell am Weg Notizen zu machen. Der Brief wurde länger und länger und mit jedem Wort und jeder Seite spürte ich eine extreme Erleichterung in mir. Ich habe einfach alles so aufgeschrieben, wie es mir in den Kopf kam. Ehrliche Worte und so befreiend zugleich. Es war eine interessante Mischung aus neuen Eindrücken in diesem wundervollen Land und der Beschäftigung mit dem Vergangenen in meinem Kopf. Dann wusste ich eines Tages genau, dass jetzt das Ende des Briefes gekommen war und ich ihn genau so wegschicken werde.
Gefühlt hatte ich noch nie so viele Tränen vergossen wie in diesen ersten zwei Wochen meines Urlaubs. Ich musste das eine oder andere Mal mit dem Auto anhalten, weil ich vor lauter Tränen nichts mehr gesehen habe. Aber ich fühlte mich trotz allem sehr gut und befreit. Diese Tränen wollten einfach vergossen werden…
Es folgte eine traumhafte Fahrt durch den Geiranger-Fjord und dann drei Tage, an denen mein Kopf mehr oder weniger wie leer gepustet war. Ich hatte einfach keine Kraft für irgendwelche Gedanken. Immer wieder habe ich versucht zu denken (das hört sich wahrscheinlich jetzt ein bisschen komisch an) und es dann einfach gelassen, denn es kam einfach nichts. Dieses Gefühl oder besser diesen Zustand hatte ich so noch nie vorher erlebt. Es fühlte sich einerseits gut an, aber andererseits auch ein bisschen beängstigend. Zum Glück hat es während dieser Tage in Strömen geregnet und ich stand auf einem privaten Stellplatz in der Nähe von Ålesund. Ich hätte in meinem Zustand gar nichts machen können, geschweige denn längere Strecken Autofahren. Wer die Straßen in Norwegen kennt und wem bei der Straßenbreite schon mal ein LKW in einer Kurve entgegengekommen ist, weiß, wovon ich spreche. Da hatte ich schon das eine oder andere Mal die Augen zu gemacht und gehofft, dass alles gut geht. Ich habe sehr liebe Menschen getroffen, hatte nette Gespräche, wir waren angeln und haben uns am Abend Forellen gemacht. Trotz allem war ich sehr erleichtert, als nach drei Tagen diese Kopf-Leere wieder vorbei war und ich weiterfahren konnte.
Der Brief landete im Briefkasten und machte sich auf den Weg nach Graz. Natürlich würde er vor mir ankommen. Die Reaktion kam prompt in Form einer SMS und der Zusage, dass wir uns nach meiner Rückkehr gleich mal treffen werden.
Ich war offen für etwas Neues, von dem ich in diesem Moment noch nicht wusste, was sein würde. Dafür war ich aber nur bereit, weil ich mit etwas „Alten“ endgültig für mich abgeschlossen hatte. Wenn du mich vor meinem Urlaub gefragt hättest, ob ich mit dem Thema durch bin, hätte ich auf jeden Fall „JA“ gesagt. Oft braucht es aber nach dem logischen Verstehen und Akzeptieren noch das körperliche Spüren.
Heißt das jetzt, dass du auch 4 Wochen in den Norden oder Süden fahren musst, um Klarheit über dich und dein Leben zu bekommen? Nicht im Geringsten. Was für mich 4 Wochen in Norwegen sind, kann für dich eine Woche allein in den wunderschönen steirischen Bergen oder einfach ein Wellnes-Tag im Spa mit der besten Freundin sein. Denn natürlich habe ich es als Selbstständige (vonseiten der Arbeit und natürlich auch so 😉), als Single ohne eigene Kinder leichter einfach mal 4 Wochen nach Norwegen zu fahren. Aber ich denke, du solltest deine Kinder oder dein Haus nicht als „Ausrede“ nehmen, dir keine Zeit für dich selbst zu gönnen. Es gibt so einen schönen Spruch von Willy Meurer:
“Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Ausreden.”
Ich bin fest davon überzeugt, dass eine gesunde Portion Egoismus unsere Welt ein bisschen besser machen würde, denn es gäbe weniger Konflikte aufgrund von Missverständnissen und nicht erfüllter Erwartungen an andere.
Also nochmal: musst du 4 Wochen allein auf eine einsame Insel fahren? Ein klares Nein. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diese Erkenntnisse zu Hause nicht so gehabt hätte, oder sagen wir besser ich hätte es nicht so schnell gecheckt und dann auch gleich umgesetzt (zum Beispiel in Form von dem Brief). Die örtliche und emotionale Distanz war sicher gut.
Fazit:
Sei gern mit dir allein, spüre deine Emotionen, lass sie zu und unterdrücke sie nicht. Sprich Konflikte an und friss sie nicht in dich rein, das sorgt für Spannungen im Körper und im Geist 😉. Du musst nicht gleich mit 4 Wochen starten - es reicht ein halber Tag oder ein Wochenende allein.
Update Oktober 2023:
Der Erstentwurf dieses Artikels mit dem Elfchen ist vom 13.3.2022.
Norwegen
magische Berge
hoch im Norden
ihr zieht mich an
Zukunft
Seit März 2023 lebe und arbeite ich in Gravdal auf den Lofoten/ Norwegen. Ich bin ausgewandert und habe mir somit einen Traum erfüllt. Ich fühle mich sehr wohl und angekommen. Ich liebe die Lichter und Landschaft hier auf den Lofoten und bin schon ganz gespannt, wie der Winter und die Dunkelheit wird. Du kannst mir gern auf meinem Instagram-Kanal folgen, wenn du mehr von den Lofoten und Norwegen sehen möchtest.
Nachtrag für die Blogparade im Oktober 2023:
#4 Aufenthalt und Reisen in Peru im Jahr 2006
Tauschhandel
hier normal
was auch sonst
wenn Geld Mangelware ist
Peru
Ich war schon immer sehr gern unterwegs. Sobald ich von einer Reise zurück war, habe ich schon die nächste Reise geplant und sobald wieder Geld am Konto war, dann ging es schon los …
Außerdem wollte ich nie wirklich wochenlang am Strand liegen, sondern auch in meiner Freizeit/ Urlaub etwas Sinnvolles tun. So kam ich zum Projekt von Vida Nueva in Santa Clara/ Lima. Das ist eine Schule für Kinder mit Beeinträchtigungen und dort habe ich 3 Monate als Kinderphysio gearbeitet und danach bin ich noch einen Monat allein in Peru herumgereist.
Während dieses Monats war ich keinen einzigen Tag allein, denn es ergaben sich immer Begegnungen - egal ob am Busbahnhof oder im Couchsurfing-Quartier. Ich habe unheimlich tolle Menschen kennenlernt und mit einigen habe ich heute noch Kontakt. Mit einigen von ihnen würde ich eher Urlaub machen als mit Menschen, die ich seit 20 Jahren kenne.
Das Reisen verbindet und somit hatte ich oft das Gefühl, als würde ich diese Menschen schon ewig kennen. So etwas erlebt man sicher nicht so intensiv, wenn man von Vornherein zu zweit unterwegs ist und einfach alles plant.
In Arequipa hatte ich z.B. ein/ zwei Tage geplant - es hat mir aber sehr gut gefallen und somit bin ich einfach eine Woche geblieben. Ich mag es, dass ich mit niemandem diskutieren muss, sondern einfach tun und lassen kann, was ich möchte. In einer anderen Stadt (deren Namen ich nicht mal mehr weiß) hat es mir schon beim reinfahren mit dem Bus überhaupt nicht gefallen und somit hab ich mich in den nächsten Bus gesetzt und bin weiter gefahren. Spontanität ist alles!